Stefan: Nachdem ich Patricia mit der Kutsche wegfahren sehe, komme auch ich innerlich langsam wieder runter. Die Aufregung legt sich und ich überlege kurz, was jetzt kommt. Ach ja, der offizielle Teil fehlt ja noch, die Trauung 😀 . Ich gehe zurück zu den Gästen, die nun alle vollzählig unten stehen, um die 10 Minuten Fahrtweg zur Kapelle Mellenau auf sich zu nehmen. Wir einigen uns, dass einfach alle mir nachfahren und endlich können wir in das goldene Mercedes Cabrio aus den 80ern steigen. Was für ein geiles Gefühl. Ich sehe wie mein Trauzeuge gefühlt 1-2 Etagen im Sitz weiter herunterrutscht und sich gleich viel cooler fühlt. Einfach ein tolles Gefühl und einfach nicht zu vergleichen mit den Kisten heutzutage!
Und los geht´s! Wir fahren vom Hof und einmal um ihn herum. Alle anderen warten schon, um mir nachzufahren. Mit maximal 50 Kilometern pro Stunde geht es einmal durch das Dorf und nach circa 15 Minuten (wenn man so langsam fährt, dauert es eben ein wenig länger 😀 ) sind wir am Wald zur Kapelle angekommen. Alle anderen müssen nun parken und zu Fuß weiter, nur wir dürfen bis an die Kapelle Mellenau fahren. Gestern war ich schon hier, um am Nachmittag ein wenig Deko aufzustellen, doch ich hatte gar keine Zeit, mir noch einmal die Kapelle anzuschauen. Doch jetzt, wo wir so darauf zufahren und sie durch den Lichteinfall in der Mitte des Waldes richtig erstrahlt, denke ich nur, dass das die perfekte Wahl für uns ist. Wir parken direkt vor der Kapelle und gehen hinein.
Die Standesbeamtin begrüßt uns und fragt, ob ich schon aufgeregt sei. Ich antworte natürlich, dass es noch ok sei, aber innerlich merke ich, wie die Aufregung wieder steigt. Ich dachte eigentlich, das wäre jetzt vorbei. Da ich neben meinem Trauzeugen und der Standesbeamtin fast alleine in der Kapelle bin, beschließe ich, bis ich mich positionieren muss, noch einmal nach draußen zu gehen. Ich stehe auf dem erhöhten Eingangsbereich und sehe die Gäste so langsam eintrudeln und denke schon wieder, wie hübsch sich alle extra für uns gemacht haben. Und wie ich da nun stehe und warte, macht sich die Aufregung immer mehr bemerkbar und plötzlich soll ich doch schon einmal in die Kapelle kommen, mich setzen und die Standesbeamtin bittet die Gäste nun in die Kapelle einzutreten. Alle setzen sich und das Gewarte geht weiter, nur jetzt aus der sitzenden Perspektive.
Ich drehe mich zu den Gästen um, sehe in den meisten Augen ebenfalls Aufregung und Anspannung. „Wieso das denn?“, denke ich, “Nur ich muss doch gleich „Ja“ sagen 😀 .” Und dann fängt die Sängerin an das erste unserer drei ausgesuchten Lieder zu singen und ich weiß, Patricia ist da. Ich stehe schnell auf und sehe sie seitlich die letzten Stufen der Treppe hinaufsteigen und sie schreitet in die Kapelle auf mich zu. Wie schön sie ist, wie konnte ich nur denken, dass nach dem First Look die Aufregung nicht mehr so groß ist…
Patricia: Ich sitze in der Kutsche, es weht ein leichter Wind, doch das Wetter ist so schön, dass ich meine Jacke nicht brauche. Neben mir sitzt meine aufgeregte Mama und mir gegenüber meine Trauzeuginnen Tanja und Ramona. Ich könnte mir gerade nichts Schöneres vorstellen als hier zu sitzen, nochmal durchzuatmen und die Natur zu genießen. Die Aufregung ist da, aber absolut aushaltbar und es ist mehr eine Vorfreude auf die Trauung. Nun kann es losgehen.
Als wir ankommen, sehe ich schon von weitem meinen Papa. Er wippt von einem Bein auf das andere und ich kann an seiner ganzen Körperhaltung sehen, dass er nervös ist. Die Kutsche rollt vor die Kapelle und plötzlich geht alles ganz schnell.
Die Sängerin beginnt zu singen und ich bekomme leichte Panik. Wir müssen los! Ich kann gar nicht so schnell schauen, da sind meine Mama, Ramona und Tanja auch schon weg und mein Papa hilft mir aus der Kutsche. Der Wackelpudding in meinen Beinen ist schlagartig zurück und bereits auf dem Weg zur Kapelle schießen mir die Tränen in die Augen. Einatmen, ausatmen. Mein Papa versucht mich zu beruhigen und führt mich langsam die kleine Treppe herauf. Und da sind sie alle. Und da ist Stefan. Und Susi. Sehr verschwommen nehme ich alles wahr (ja, ja, die Tränen) und bin so froh, als ich mich hinsetzen kann.
Warum ich Angst hatte, dass unsere Trauung nicht emotional wird
Ganz ehrlich? Eine meiner größten Ängste vor unserer Hochzeit war, dass unsere Trauung nicht emotional wird. Jeder der bei unserer Trauung dabei war, wird jetzt wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Denn wenn unsere Trauung eins war, dann emotional. Sehr emotional sogar. Okay, dass ich den ganzen Tag lang geheult habe wie ein Schlosshund, wissen wir spätestens seit dem Hochzeitsvideo. Doch obwohl ich bei “Vermisst” und “Bitte melde dich” quasi permanent durchflenne, hatte ich Angst, dass ich an unserer Hochzeit nicht weinen kann. Dass ich emotional so überfordert bin, dass die Dämme geschlossen werden oder so. Bei unserer Verlobung blieb schließlich auch alles trocken. Doch nicht nur ich benötigte unsere selbstgebastelten Taschentücher, auch die Mehrzahl unserer Gäste mussten etwas im Auge gehabt haben. Das beweisen Bilder und Zeugenaussagen.
Warum die Kapelle Mellenau?
Ein weiterer Punkt, warum ich Angst hatte, dass unsere Trauung nicht emotional wird, war, weil wir “nur” standesamtlich geheiratet haben. Als Hochzeitsfotografin habe ich schon viele standesamtliche Trauungen erlebt und wenn ich ehrlich bin, waren viele nicht sehr emotional. Zumindest nicht annähernd so emotional, wie eine freie Trauung, die ich im letzten Jahr fotografiert habe. Dort wurde genauso viel geheult wie bei unserer Trauung (ja, auch ich habe leise hinter meiner Kamera geweint) und nach dieser Trauung wollte ich unbedingt eine freie Trauung. Doch die Kapelle Mellenau, mitten im Wald gelegen, ist eines der schönsten Standesämter, das ich kenne und dort zu heiraten fand ich genauso schön wie eine freie Trauung.
Also verzichtete ich auf meine freie Trauung und wir entschieden uns dafür, nur standesamtlich in der Kapelle Mellenau zu heiraten. Da wir beide nicht kirchlich sind, kam eine kirchliche Trauung für uns übrigens nie in Frage. Und wir haben es nicht bereut, denn wir haben gesehen, dass auch standesamtliche Trauungen sehr schön sein können, wenn man sie persönlich gestaltet. Deshalb habe ich für euch 10 Tipps für eine standesamtliche Trauung zusammengetragen. Tipps, wie man eine standesamtliche Trauung persönlich gestalten kann und wie wir sie gestaltet haben.
10 Tipps für eine standesamtliche Trauung
1. Das richtige Standesamt finden
Das ist meiner Meinung nach der allerwichtigste Punkt. Wirklich. Natürlich spielt die Optik des Standesamtes dabei eine Rolle. Doch selbst das schönste Standesamt kann einem die Trauung sprengen, wenn es total ausgebucht ist. Gerade die Standesämter in Großstädten sind meistens im Halbstundentakt ausgebucht und vor dem Standesamt sammeln sich die Hochzeitsgesellschaften. In der Kapelle Mellenau waren wir das einzige Brautpaar an diesem Tag. Unsere Standesbeamtin hatte zwar leichten Zeitdruck, weil sie danach noch eine Trauung in einem anderen Standesamt hatte, doch wir haben das nicht wirklich gemerkt. Die Kapelle Mellenau war einfach perfekt, da im Wald ab vom Schuss, klein und intim, es passten dennoch alle Gäste hinein und wir durften (außer Konfetti) alles so gestalten, wie wir es wollten.
2. Die Standesbeamtin oder der Standesbeamte
Das ist ein Punkt, auf den man keinen großen Einfluss hat. Aber die meisten Standesbeamten sind wirklich sehr nett und wenn man ebenfalls nett ist, ist die Trauung schon gerettet. Bereitet euch gut auf das Vorgespräch vor und macht ruhig Notizen für den Standesbeamten. Wie habt ihr euch kennengelernt? Wie lief die Verlobung ab? Erzählt bzw. schreibt Details aus eurer Beziehung auf. Umso mehr ihr liefert und umso persönlicher ihr werdet, umso persönlicher wird im besten Fall auch eure Trauung. Unsere Standesbeamtin hat es wirklich toll gemacht.
3. Die Musik
Ich habe wirklich ein bisschen überlegt, ob es denn jetzt wirklich noch eine Sängerin sein muss. Denn wenn die Hochzeit teurer und teurer wird, dann möchte man irgendwann anfangen zu sparen. Stefan wollte aber ganz klar eine Sängerin und ich bin ihm jetzt wirklich dankbar dafür. Denn es ist einfach etwas anderes, ob die Musik vom Band kommt oder live gesungen wird. Es war jedoch gar nicht so leicht, eine Sängerin zu finden, deren Stimme uns gefiel. Viele sangen musical-mäßig und das mögen wir nicht so gern. Die liebe Lisa empfahl uns Sängerin Lilli Born und ihre Stimme gefiel uns auf Anhieb. Nur für uns studierte sie “500 Miles” von The Proclaimers ein, das sie am Ende der Trauung sang. Außerdem suchten wir uns “A thousand years” von Christina Perry und “Kiss me” von Sixpence non the sicher (während des Kusses) aus. Auch wir können sie nur wärmstens weiterempfehlen.
4. Persönliche Dekoration des Standesamts
Wenn es das Standesamt hergibt und man darf, würde ich immer eine persönliche Note durch etwas Dekoration einbauen. Auch uns war das wichtig und deshalb haben wir einiges gemacht. So haben wir den Weg zur Kapelle mit 300 weißen Papierherzen an Schaschlikspießen (natürlich DIY) geschmückt. In der Kapelle haben wir die Bänke von unserer Floristin mit Blumen passend zu meinem Brautstrauß schmücken lassen. Ich habe aus goldenem Karton ein “JA” geschnitten und es an den Hussen unserer Stühle befestigen lassen. Außerdem habe ich gemeinsam mit Ramona in stundenlanger Bastelarbeit Taschentücherhüllen in unserem Hochzeitslook angefertigt. Das Ringkästchen haben wir uns geliehen (wo, erfahrt ihr ganz bald ausführlich) und unser Stammbuch haben wir bei Glück und Segen über DaWanda bestellt.
5. Der Einzug
Nennt man das eigentlich Einzug? Ich meine den Teil, in dem die Braut bzw. Braut und Bräutigam in das Standesamt kommen. Wie gesagt gibt es hier zwei Möglichkeiten. Einige finden den Brauch, dass der Vater die Braut hineinführt, überholt, ich fand es sehr schön und ich glaub, meinem Papa hat es auch gefallen. 😉 Bei uns kamen sogar noch ganz typisch amerikanisch die Brautjungfern zuerst herein. Ihr seht schon, es konnte nicht kitschig genug sein bei unserer Hochzeit. 😀 Das lag aber auch vor allem daran, dass die Mädels ja in der Kutsche mitgefahren sind und irgendwie hereinkommen mussten.
6. Die Sitzordnung
Das ist jetzt nicht unbedingt einer der Tipps für die standesamtliche Trauung, der diese persönlicher gestaltet, aber ich finde die Sitzordnung nicht unwesentlich. Wenn ihr die Möglichkeit habt, schreibt Zettel mit Namen der wichtigsten Personen, die z.B. in der ersten Reihe sitzen sollen, und lasst sie auf die Stühle legen. Im Nachhinein hätte ich das auch noch für die zweite und dritte Reihe gemacht, da z.B. meine kleine Oma ganz hinten saß (weil sie zu spät in die Kapelle gegangen ist) und kaum etwas gesehen hat.
7. Die Ringübergabe
Auch die Ringübergabe ist ein Teil der standesamtlichen Trauung, den man sehr persönlich gestalten kann. Man kann sich die Ringe z.B. von einem Kind überreichen lassen. Bei uns hat das der Kleine meiner Cousine gemacht und er hat das SO unglaublich toll gemacht. Ich mein, er ist erst 2 Jahre alt gewesen und hat die Ringe mit einer Ernsthaftigkeit und so vorsichtig übergeben, dass man hätte denken können, er mache das täglich.
8. Das Eheversprechen
Eine schöne Sache ist außerdem ein Eheversprechen. Wir hatten auch ursprünglich eins für die standesamtliche Trauung geplant. Aber entweder wir haben vergessen, es der Standesbeamtin zu sagen oder sie hat es vergessen. Jedenfalls fand es nicht während der Trauung statt. Das machte aber im Endeffekt gar nichts, denn wir haben es dann am Abend vor der Rede eingebaut und in der Scheune fanden wir es noch schöner, da es nochmal ein emotionales Highlight am Abend war.
9. Der Auszug
Hier gibt es so einige Möglichkeiten, den Auszug bunt zu gestalten. Blumenkinder, Reis, Konfetti, Seifenblasen, ganz neu sind außerdem Weddingwands. Reis finde ich absolut nicht gut, da das schlecht für die Vögel ist. Konfetti ist oft verboten. Wir hatten Blumenkinder, die fleißig gestreut haben und unsere Liebsten hatten außerdem Seifenblasen organisiert, was ich liebe, denn es sieht auch immer toll auf den Bildern aus.
10. Und danach?
An dieser Stelle folgt meistens die Gratulation. Oft auch schon im Standesamt. Wir haben uns dafür entschieden, einfach durchzubrennen. 😀 Der Grund war, dass wir keinen Sektempfang vor dem Standesamt haben wollten, da beim Eintreffen in der Location eh noch einer stattgefunden hat. Zwei Sektempfänge fanden wir Quatsch. Also marschierten wir direkt zu unserem Cabrio und düsten davon – zum Fotoshooting. Gratuliert wurde dann an der Location. Wenn ihr das auch so oder einfach anders als normalerweise machen wollt, dann bittet jemanden, eure Gäste zu informieren. Trauzeugen, Standesbeamtin oder oder. Wenn es sich anbietet, dann vor der Trauung. Und lasst denjenigen auch gleich erwähnen, dass bitte nicht fotografiert werden soll während der Trauung.
Habt ihr vielleicht auch noch weitere Tipps für eine standesamtliche Trauung? Dann immer her damit!