Stefan: Ich sehe uns noch im November oder Dezember 2016 zusammensitzen und diskutieren, welche Projekte wir uns für 2017 vornehmen wollen. Ein Projekt lag uns dabei schon sehr am Herzen, da es wieder einmal mit der Ernährung zu tun hat. Wir wollten uns im Jahr 2017 mehr regional und saisonal ernähren. Für mich und auch für Patricia gibt es wenige Sachen, die uns so wichtig erscheinen, wie eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Zumal ich als Personal Trainer natürlich auch eine Ernährungsberatung anbiete.
Seit Jahren beschäftigen wir uns damit, probierten schon aus, wie es sich anfühlt vegan zu leben oder für gewisse Zeiträume auf spezielle Lebensmittel zu verzichten. Doch nun schwebte uns vor, bei den Lebensmitteln mehr darauf zu achten, woher sie eigentlich kommen.
Die Back to the roots Challenge – Die Regeln
Jedes Projekt oder jede Challenge braucht gewisse Rahmenbedingungen und daher haben wir uns natürlich auch überlegt, was eine “Back to the roots”-Ernährung für uns bedeutet und wie es sich für uns gestaltet, wenn wir uns ab jetzt jeden Monat eine Woche lang regional und saisonal ernähren.
- Es geht uns um Produkte, die auch wirklich generell nur in Deutschland angebaut oder mit deutschen Lebensmitteln in Deutschland hergestellt werden. Also fallen Mangos, Avocados oder Orangen schon einmal aus dem Raster (Es sei denn, jemand hat es geschafft, eine Sorte hier anzubauen 😉 ). Auch Patricias geliebten französischen Käse gibt es dann nicht mehr aufs Brot. Unseren Thymian vom Balkon kann ich natürlich jetzt zum Würzen nehmen, da wir diesen ja selber gepflanzt haben 😉 .
- Sie müssen zu dieser Jahreszeit auch wirklich in Deutschland anbaubar, also saisonal verfügbar sein bzw. sind durch Lagerung hier verfügbar (wie z.B. Äpfel und Kartoffeln). Jeder kennt die Spargel- oder Grünkohlzeit. Doch was bedeutet das eigentlich? Dass sie zu anderen Zeiten des Jahres einfach aufgrund von Bodenverhältnissen, Temperaturen, Leuftfeuchtigkeit, etc. nicht natürlich wachsen würden. Daher können wir die Erdbeere im Winter schon einmal ausschließen. Und einmal unter uns: Wem schmecken denn die Erdbeeren, die im Winter hier im Supermarkt verfügbar sind, schon? Das ist absolut kein Vergleich zur Erdbeere im Sommer.
- Jeden Monat ernähren wir uns zu Hause eine komplette Woche (7 Tage!) nur regional und saisonal. Wenn wir bei Freunden eingeladen sind oder essen gehen, dürfen wir Ausnahmen machen. Wir versuchen aber in diese Woche nicht allzu viele Verabredungen zu legen.
Also 12 Wochen im Jahr schauen wir, was es mit uns macht, sich wirklich nur von deutschen Produkten zu ernähren – finanziell, körperlich und auch zeitlich.
Planung ist alles – Tipps um sich regional und saisonal zu ernähren
“Doch wie gehe ich denn die Sache an?”, fragen sich die meisten Leute jetzt. Wir fragten uns das natürlich auch und setzten uns erst einmal hin, um die Woche zu besprechen. In diesem berüchtigten Internet fanden wir eine ganze Reihe Saisonkalender, die anzeigen, welches Obst und Gemüse normalerweise in welchem Monat in Deutschland angebaut bzw. geerntet wird. So konnten wir uns schon einmal einen groben Überblick verschaffen, welches Obst und Gemüse die nächsten Tage unser Essen bestimmen werden.
Dabei sollte man auch im Vorhinein seine zeitliche Verfügbarkeit einschätzen, denn gerade am Anfang dauerte es recht lange, die passenden Rezepte zu den Lebensmitteln herauszusuchen bzw. sich auszudenken. Und wenn man sowieso die ganze Woche unterwegs ist, bietet sich ein Salat zum Mitnehmen natürlich besser an als ein 3-Gänge-Menü. Zumal auch die Zubereitungszeit nicht zu unterschätzen ist. Daher lieber einen Pott Suppe für die nächsten 3 Tage kochen, dann ist die Essensplanung erst einmal fertig.
Als wir die Rezepte heraussuchten, planten wir tolle Rezepte mit Zutaten, die es ja jetzt geben sollte. Doch was so ein Saisonkalender nicht verrät, ist, wie die Ernte dieses Jahr für das Obst und Gemüse ausfiel. Nicht jeder Winter ist gleich. Manchmal ist es zu früh zu warm und der deutsche Grünkohl wächst ab Mitte Dezember nicht mehr, obwohl ich ihn ja nach Kalender noch im regionalen Supermarkt bekommen sollte. Daher mussten wir uns Alternativen für die Lebensmittel überlegen. Wenn wir zum Beispiel Käsespätzle machen wollten und es in drei Lebensmittelgeschäften keinen deutschen Käse gibt, ist das echt ein Problem. Wir brauchten Porree, doch es gab keinen.
Ein genauso wichtiger Punkt ist, dass wir die Essensplanung für mehrere Tage machten. Dann braucht man einerseits nicht jeden Tag in den Supermarkt und andererseits lauft ihr nicht Gefahr, dass es spontan das auserwählte Obst und Gemüse nicht mehr gibt. Denn wenn das Produkt gestern noch da war, kann es sein, dass der Bestand am nächsten Tag leer ist (vielleicht nur noch Restbestand oder letzte Ernte für diesen Winter). Und ihr sucht wieder neue Rezepte heraus.
Der Einkauf – Da wird es ja wohl eine Kennzeichnung geben
Nachdem wir die Rezepte für die folgende Woche ausgewählt hatten, machte ich mich auf die Suche nach den Lebensmitteln (der Mann halt als Jäger und Sammler 😉 ). Und wie ich so durch den Supermarkt ging und mir die verschiedenen Produkte anguckte, fiel mir auf, dass auf den meisten verarbeiteten Produkten, also Käse, Öl, etc., nicht wirklich zu erkennen ist, wo die dafür verwendeten Lebensmittel herkommen.
“Das gibt es doch nicht!”, dachte ich. Ich googelte im Laden die Firmen der Produkte und konnte dadurch wenigstens einige Produkte in den Einkaufswagen packen. Denn es gibt einfach keine einheitliche Kennzeichnung dafür, ob ein Produkt aus Deutschland kommt oder nicht. Selbst im Bioladen fand ich nur die Kennzeichnung “EU- oder Nicht EU-Landwirtschaft”. Bloß weil das auf dem Etikett geschriebene Unternehmen seinen Sitz in Deutschland hat, impliziert das nicht unbedingt, dass deren Produkte oder die zur Verarbeitung verwendeten Lebensmittel aus Deutschland kommen. Nach 2 Stunden(!) hatte ich es wirklich geschafft, fast alle Sachen auf der Liste zu beschaffen und beschloss die fehlenden Lebensmittel woanders zu besorgen.
Und so lief die Woche
Patricia: Nachdem die ersten beiden Hürden, die Planung und der Einkauf, überwunden waren, ging es nun an die Umsetzung. Und das war dann leichter als gedacht. Wir haben eine Menge verschiedener Essen zubereitet und vor allem unser Frühstück war in der letzten Woche abwechslungsreicher als in den Durchschnittswochen. Hier mal ein Überblick, was wir letzte Woche auf dem Speiseplan hatten:
Saisonale und regionale Frühstücke
- ganz klassisch Brötchen mit deutscher Marmelade und deutschem Käse und einem Frühstücksei
- selbstgemachte Palatschinken gefüllt mit Kürbis, Zwiebeln, Frischkäse, Feldsalat, Karotten, Champignons und frischem Meerrettich
- Arme Ritter
- Grießbrei mit Birnen
- Frittata ohne Tomaten
- Pancakes mit Birnen-Quark
Saisonale und regionale Mittag- und Abendessen
- Steckrübensuppe
- Käsespätzle mit Champignons
- Frikadellen mit Rotkohl
- Champignon-Lauch-Quiche (Pssst, es kann gut sein, dass es dazu morgen das Rezept gibt ;-))
- Kartoffel-Quark-Frikadellen mit einem Salat aus Feldsalat, gebackenem Kürbis, Zwiebel und Kürbiskernen und Rotkohl
- Brot mit Käse
Auf unserem YouTube-Kanal findet ihr außerdem ein kleines Food Diary und könnt Stefan beim Einkaufen begleiten. 🙂
Hungrig blieben wir also nicht und es kam auch nicht nur gesundes Essen auf den Tisch. Wenn eine Schwangere Käsespätzle will, dann kriegt sie Käsespätzle. 😉 Fleisch gab es, wie ihr seht, nur einmal. Das liegt daran, dass wir zu Hause nur sehr wenig Fleisch essen und wenn, dann nur, wenn wir auf etwas Bestimmtes Appetit haben. Das Hackfleisch für die Frikadellen habe ich beim Fleischer in der Markthalle um die Ecke gekauft und es kam von einem Neulandhof aus Niedersachsen.
Trotzdem muss ich zugeben, dass mir gewisse Lebensmittel gefehlt haben. Am schlimmsten war es bei mir ehrlich gesagt mit der Schokolade. Auch auf Tomaten und Gurken hatte ich zwischenzeitlich Appetit. Beim Obst haben mir die Äpfel und Birnen ausgereicht, da ich seit ich schwanger bin eh einen außergewöhnlich großen Appetit auf Äpfel hab (ich war vorher gar kein Apfelmädchen).
Und die Finanzen?
Da ich bei uns die Hauptverwalterin der Finanzen bin, war ich natürlich gespannt, wie sich das Projekt auf unsere Ausgaben für Lebensmittel auswirkt. Dafür habe ich erstmal ausgerechnet, wie viel Geld wir normalerweise pro Woche für Lebensmittel ausgeben und bin auf einen Schnitt von 100 Euro gekommen. Dazu muss ich sagen, dass Stefan auch sonst viel in Biosupermärkten oder auf dem Markt einkauft. Wir versuchen immer mehr auf gute Lebensmittel zu achten. Wir kaufen aber nicht nur bio, sondern achten darauf, wo es Sinn macht und wo nicht bzw. versuchen uns mit der Thematik zu beschäftigen. Außerdem hat es sich auf unsere Lebensmittelausgaben ausgewirkt, dass wir seit dem Sommer beide ganztägig zu Hause sind und wirklich nur noch hier essen (es sei denn wir gehen ins Restaurant, zu Freunden oder bestellen ;-)).
Letzte Woche haben wir genau 103,56 Euro ausgegeben. Sind also im Schnitt. Wir haben davon aber sogar noch eine Menge mit in diese Woche genommen. Der erste Einkauf, den ihr oben auf dem Bild gesehen habt, hat 63,16 gekostet und dann haben wir noch 5 Mal kleinere Summen ausgegeben, für das Hackfleisch, das Brot oder z.B. Äpfelnachschub. 😉
Stefans Fazit des Januars:
Sich regional und saisonal zu ernähren hieß als allererstes überhaupt herauszufinden, was in Deutschland eigentlich angebaut wird. Denn heutzutage bekommt man alles zu jeder Zeit an jedem Ort der Erde. Bei vielen Lebensmitteln wie Kaffee, Obstsorten, etc., muss uns einfach bewusst sein, dass diese nie (vielleicht erfindet ja jemand eine deutsche Mango 😉 in Deutschland angebaut werden können und ich es ehrlich gar nicht so schlimm finde, darauf zu verzichten. Das Wichtigste, was ich aus der ersten Woche gelernt habe, ist, dass der Verzicht mein Leben definitiv nicht beeinflusst und ich mich schon auf Februar freue 🙂 .
Patricias Fazit des Januars:
Ich finde das Projekt suuuuper spannend! Es ist zwar nicht unkompliziert, aber es öffnet einem in so vielen Dingen die Augen und regt zum Nachdenken an. Ich bin niemand, der sagt, dass alle unsere Lebensmittel nur aus Deutschland kommen müssen. Doch warum soll ich Champignons, die extra aus den Niederlanden hergefahren wurden, kaufen, wenn ich auch welche aus Deutschland haben kann? Erschreckenderweise bekommt man in den “normalen” Supermärkten nämlich nur sehr wenig bis gar kein deutsches Obst und Gemüse. Und die Transparenz ist ein Graus.
Saisonales Obst und Gemüse für den Februar
Und falls ihr jetzt auch Lust habt mitzumachen: Hier habt ihr schon einmal eine kleine Vorschau für den Februar, welche Obst- und Gemüsesorten aus Deutschland normalerweise verfügbar sind:
- Äpfel (gibt es fast das ganze Jahr über und geht immer, da sie lange lagerbar sind)
- Champignons
- Grünkohl
- Kartoffeln
- Kürbis
- Lauch/Porree
- Möhren
- Pastinaken
- Rosenkohl
- Topinambur
- Wirsingkohl
Gibt es für den Februar Themen, die euch besonders interessieren oder Aspekte, die wir mehr hervorheben sollen?