Zwei Tage habe ich es ausgehalten. Zwei Tage euch noch nichts davon zu erzählen. Doch nun bin ich kurz vorm Platzen und habe deshalb vorhin Fotos vom schönsten aller Ringe gemacht. Gestern war ich noch nicht zurechnungsfähig. Gestern habe ich nichts auf die Reihe bekommen. Obwohl ich bereits seit Monaten auf diesen Moment gewartet, mir alles tausendmal in meiner Fantasie ausgemalt, war dann doch nichts so wie ich dachte. Ja, ihr habt ganz richtig erraten. Stefan hat um meine Hand angehalten, schöner als ich es mir je ausdenken konnte und ich habe “Ja, natürlich!” gesagt.
Seitdem starre ich ständig auf meinen linken Ringfinger, drücke meine Hände vor mein Gesicht und grinse ganz breit. Ich hätte nie gedacht, dass das wirklich so kommt, dass mich meine Gefühle dann doch so überwältigen. Denn unser Hochzeitstermin stand schon lange fest. Nächstes Jahr, am 03.06., zu unserem 10. Jahrestag, werden wir uns das Ja-Wort geben. Das Datum hat Stefan bereits vor über einem Jahr vorgeschlagen und seitdem steht es für uns fest. Und natürlich habe ich kleines Plappermaul auch schon der halben Welt davon erzählt. Denn ich liebe die Vorstellung zu heiraten. Stefan zu heiraten.
Nun wollt ihr aber bestimmt noch wissen, wie er es gemacht hat. Ob er auf die Knie gegangen ist. Und ich wäre ganz schön fies, wenn ich jetzt sagen würde “Das ist mir leider zu privat.” Keine Angst. Dieser Antrag ist zu schön, um euch nicht davon zu erzählen.
Am letzten Mittwoch bekam ich die verzweifelte E-Mail der Braut Nicola, die ihren Sebastian Ende Juli heiraten will und deren Hochzeitsfotograf sich langfristig verletzt hat. “Der Arme!”, war mein erster Gedanke. Denn als Hochzeitsfotograf mitten in der Saison auszufallen, ist der Supergau. Ich war an dem Tag noch frei und fragte Nicola nach dem Hochzeitsort. Sie schrieb mir, dass die Trauung in Stendal, also unserer Heimat, stattfinden würde und die Feier im Schloss Tangerhütte. Dass Tangerhütte ein Schloss hat, hörte ich zum ersten Mal, aber das Internet gab ihr Recht. Die Google-Bildersuche zeigte mir das Schloss und den Schlossgarten mit einem wunderschönen weißen Pavillon, der wie aus einem amerikanischen Liebesfilm entnommen schien. Ich freute mich also schon auf die Hochzeitsbilder.
Da wir am Wochenende eh in die Heimat fahren wollten, weil die Klimaanlage unseres Autos von einem Bekannten repariert werden sollte, verabredeten wir uns gleich für das Wochenende, um uns kennenzulernen und alles abzusprechen. Da die beiden aber am Wochenende verreisten, konnten sie erst am Sonntag um 21:30. Als Treffpunkt vereinbarten wir das Schloss Tangerhütte, was nicht ungewöhnlich ist, weil man dann schon nach Motiven für Brautpaarbilder schauen kann.
Am Sonntagabend war ich bei meiner Tante, Stefan fuhr zu einem Freund, um mit ihm seinen neuen Trainingsplan zu besprechen. Irgendwann rief ich ihn an, um zu fragen, ob das Auto denn mittlerweile fertig sei, damit wir pünktlich zum Termin mit dem Brautpaar fahren könnten. Leider gab es aber bei der Reparatur Probleme und Stefan fragte, ob meine Tante mich nicht fahren könne. Ich bekam Panik. Denn meine Tante hatte am Nachmittag zwei Gläser Sekt und ein Glas Weißwein zum Abendessen getrunken. Doch sie beruhigte mich und meinte, sie könne mich schon noch fahren.
Also fuhren wir nach Tangerhütte, irrten dort verzweifelt herum, weil es gar nicht so leicht war, das Schloss zu finden. Doch noch bevor wir das Schloss fanden, kamen wir an dem vorhin erwähnten Pavillon vorbei und dort stand nicht das Brautpaar, sondern Stefan. Mit Hemd und Fliege unter dem Pavillon, der mit unzähligen Lichterketten geschmückt war. Jaaa, es war wie im Film. Er erzählte mir irgendwas, von dem ich nur noch Brocken weiß, weil man einfach gar nichts richtig mitbekommt, kniete nieder und steckte mir den schönsten Ring aller Ringe an.
Nun muss ich euch eins gestehen. Ich hatte eine Vorahnung. An dem Tag als ich die Mail von “Nicola” bekam, schrieb ich meiner Freundin Ramona, die übrigens eine meiner beiden Trauzeuginnen ist, dass ich jetzt paranoid werde. Denn obwohl es keinerlei Anzeichen gab, ahnte ich, dass Stefan hinter “Nicola” steckte. Das ist natürlich schon ein bisschen ärgerlich, dass es keine totale Überraschung war. Doch ich zitiere Ramona: “Du hast ja überall was geahnt, also hast du es nicht richtig geahnt, es war diese allgemeine Vorfreude und Aufregung und das Kribbeln in der Luft, da denkt man in alle Richtungen. Und ich finde es fast schöner, wenn man denkt ‘Vielleicht…vielleicht…ne Quatsch…aber vielleicht…oh mein Gott, ja!'” Und genauso war es. Schöner als ich es mir je ausgemalt habe.
Natürlich war Nicola Stefan, unser Auto war nie zur Reparatur und Stefan war nicht bei seinem Kumpel, sondern die Lichterketten am Pavillon anbringen. Und meine Tante wusste Bescheid, genau wie meine Schwiegermama und und und. Alle haben sie die Rolle ihres Lebens gespielt. Denn am Tag selbst habe ich keinen Verdacht geschöpft.
Und nun? Nun schaue ich alle paar Minuten meinen Ring an. Er ist so wunderschön! So zart wie ich ihn mir gewünscht habe. Mit einem Saphir, der für die Liebe steht und auch noch der Stein des Geburtsmonats September ist. Meines Geburtsmonats. Und nun geht die Planung los. Und ja, ich werde euch daran teilhaben lassen. Neben “Projekt Traumwohnung” wird es ab jetzt das “Projekt Traumhochzeit” geben. Natürlich werde ich nicht alles vorher zeigen und verraten, sonst haben unsere Gäste ja gar keine Überraschung mehr, aber vieles. Wenn ihr irgendwelche Tipps habt, immer her damit. Ansonsten findet ihr mich jetzt auf Hochzeitsblogs, Pinterest oder hinter einem Stapel Hochzeitsbücher. Mögen die Spiele beginnen.
Und das sind übrigens die wunderschönen Blumen, die es noch dazu gab.