Ihr alle kennt das. Wenn man in einer Stadt wohnt, macht man höchstselten den Touri-Kram. Doch jetzt, da wir Berlin verlassen haben, sind wir ja offiziell wieder Touristen in der Hauptstadt. Doch so ganz von allein kamen wir nicht auf die Idee, eine DDR Stadtführung durch Ostberlin zu machen. Unsere Freundin Jenny wurde dieses Jahr 30 (vielleicht erinnert ihr euch an den Artikel über die Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz) und da Jenny aus Westdeutschland kommt und außer uns keine wirkliche Verbindung zu Ostdeutschland hat, schenkten wir ihr zum Geburtstag eine DDR Stadtführung durch Ostberlin.
Unsere DDR Stadtführung durch Ostberlin
Nach längerer Recherche habe ich mich für die Stadtführung “DDR Tour” von TourguideMe.Berlin entschieden. Ich konnte die Tour direkt im Internet buchen und einen Wunschtermin angeben, die Bezahlung wurde über digistore abgerechnet. Pro Person kostete die 2,5-stündige Führung 29 Euro. Einige Tage vor dem Termin meldete sich unser Stadtführer telefonisch bei mir. Ehrlich gesagt war ich ein wenig irritiert über seinen Namen, Carlo Cimmino, denn eigentlich wurde versprochen, dass die DDR Stadtführung durch Ostberlin von einem ehemaligen DDR-Bürger durchgeführt wird. Ich konnte mir nicht so recht vorstellen, dass hinter diesem Namen jemand steckte, der früher in der DDR gewohnt hatte. Doch Carlo war mir gleich am Telefon sympathisch, fragte nach besonderen Wünschen oder Vorlieben und erklärte mir, wo wir uns treffen.
Eine Privatführung durch Ostberlin
So standen wir also vor genau zwei Wochen, sonntags um 10 Uhr bei kaltem, grauen Maiwetter an der Weltzeituhr am Alexanderplatz und wurden von Carlo begrüßt. Es stellte sich heraus, dass er zwar kein ehemaliger DDR-Bürger ist, aber die DDR durchaus erlebt hat. Carlo wuchs in Westberlin auf, besuchte die DDR regelmäßig als Teenager und war 16 als die Mauer fiel. Eine sehr interessante Perspektive. Außerdem lebt er nun bereits seit vielen Jahren in Ostberlin und kennt sich dort dementsprechend gut aus. Unsere Gruppe bestand übrigens tatsächlich nur aus Stefan, Jenny und mir, es war also eine Privatführung, was wir super fanden. Während Carlo uns zu Fuß durch den Osten Berlins führte, fragte er uns immer wieder nach Wünschen und so konnten wir die Tour mitbestimmen. Außerdem achtete er nahezu rührend auf unser Wohlbefinden, vor allem natürlich auf meins. Mit Babybauch genießt man eben doch irgendwie einen Sonderstatus. 😉
Warum die DDR-Stadtführung empfehlenswert ist
Wer sich Infos über den Alltag der DDR wünscht oder sehen möchte, wie es damals ausgesehen hat, der ist vermutlich im DDR-Museum (dort möchte ich auch unbedingt mal hin) besser aufgehoben. Unsere DDR Stadtführung durch Ostberlin beschäftigte sich ehrlich gesagt gar nicht so sehr mit der DDR an sich. Doch wir waren uns alle drei einig, dass das gar nichts machte, denn das, was wir von Carlo geboten bekamen, war einfach klasse. Der Mann übt seinen Beruf wirklich mit Leidenschaft aus, schaut nicht einmal auf die Uhr und fütterte uns mit unzähligen Fakten über Ostberlin und Berlin, von denen ich sicher bin, dass nichtmal eingefleischte Berliner sie alle kennen. Ich zückte ziemlich schnell mein iPhone, um die interessantesten Fakten für euch mitzuschreiben. Das bedeutet aber nicht, dass sich die Tour für euch nicht trotzdem lohnt. 😉
Witzigerweise haben wir auf unserer DDR Stadtführung durch Ostberlin sowohl diese Werbung für das DDR Museum als auch ein Trabi gesehen.
22 Fakten über (Ost)Berlin, die garantiert kaum ein Berliner kennt
1. Über den Berliner Fernsehturm laufen noch immer viele Fernsehsender.
2. Bis zu 400.000 Menschen laufen täglich über den Alexanderplatz.
3. Die Kugel vom Fernsehturm ist eine Hommage an den Satelliten Sputnik.
4. Der Berliner Bürgermeister sitzt im Roten Rathaus.
5. Der Ursprungsort Berlins ist das Nikolaiviertel.
6. Dieses wurde im Zweiten Weltkrieg größtenteils zerstört und 1987, zum 750-jährigen Geburtstag Berlins, historisch rekonstruiert.
7. Das Berliner Stadtschloss wurde von der DDR in den 50ern gesprengt, weil sie nichts von der Monarchie hielten. An dieser Stelle wurde der Palast der Republik gebaut, eine Multifunktionshalle, in der auch Hochzeiten gefeiert wurden. Das Berliner Stadtschloss wird übrigens seit 2013 wieder aufgebaut. Eröffnet werden soll es laut Wikipedia im September 2019.
8. Die Straßen rund um das Berliner Stadtschloss, das sogenannte politische Zentrum der DDR, sind auffällig breit. Sie wurden extra für die Paraden weitläufig gebaut.
9. Das ehemalige Staatsratsgebäude der DDR, in dem Ulbricht, Honecker & Co saßen, ist heute eine Elite-Management-Schule.
10. Die Fassade des Staatsratsgebäudes ist ein ehemaliges Portal des Berliner Stadtschlosses, vor dem Karl Liebknecht am 09.11.1918 die Sozialistische Republik ausgerufen hat.
11. Der Teufelsberg ist nur Schutt, unter anderem der Schutt des Berliner Stadtschlosses. Der einzige “echte” Berg Berlins ist der Kreuzberg.
12. Berlin hat mehr Brücken als Venedig.
13. Der Prenzlauer Berg ist der Bezirk mit den meisten Akademiker-Müttern Europas.
14. Albert Einstein hat an der Humboldt Universität gelehrt.
15. Da es bei der Bücherverbrennung am 10.05.1933 in Berlin geregnet hat, musste die Berliner Feuerwehr anrücken und mit Benzin nachhelfen…
16. 90% der historischen Orte Berlins befanden sich im Teil der DDR.
17. Am Potsdamer Platz stand die erste Ampel Kontinentaleuropas. Sie wurde allerdings 5-6 Jahre von den Menschen ignoriert, da sie nicht einsahen, sich von einem technischen Gerät sagen zu lassen, wann sie losgehen bzw. fahren dürfen.
18. Über der Schokoladenmanufaktur Rausch befindet sich ein Zahnarzt.
19. Im Schaufenster von Rausch stehen auch mehrere Sehenswürdigkeiten Berlins aus Schokolade. Das Brandenburger Tor wiegt beispielsweise über 300 Kilogramm.
20. Die erste Werbung nach der Wende war in Ostberlin die Coca Cola Werbung auf der Leipziger Straße. Diese Werbung gibt es bis heute.
21. Mit der U6 fuhr man als Westberliner durch die DDR. Die Bahnhöfe, die sich in der DDR befanden und an denen die U6 logischerweise nicht hielt, wurden Geistesbahnhöfe genannt und überwacht.
22. Die Weltzeituhr hat ein Trabigetriebe.