Verfasser, Titel und Verlag: Jana Seelig, Minusgefühle, PIPER
Wovon handelt das Buch? Jana Seelig wurde durch einige Tweets über ihre Depression quasi über Nacht ungewollt zur Vorzeige-Depressiven. Unter dem Hashtag #notjustsad twitterten unzählige Depressive über die Krankheit. In Minusgefühle erzählt Jana Seelig nun die Geschichte ihrer Depression.
Warum ist dies dein Buch des Monats? Wenn man das Buch eines Autors liest, den man kennt, oder zumindest zu kennen glaubt, dann ist das Lesen nochmal spannender. Ich kenne Jana (bisher) nicht persönlich. Ich bin eine ihrer Internetbekanntschaften, doch garantiert keine derer, die im Buch aufgeführt werden. Jana und ich sind sehr unterschiedlich, oder besser gesagt, unsere Leben sind sehr unterschiedlich und wir hatten bisher kaum Berührungspunkte. Wir sind Bloggerkolleginnen mit recht unterschiedlichen Blogs. Jana hat eine Katze und ich einen Hund. Doch ich bin immer der Meinung, man soll die Gemeinsamkeiten und nicht die Unterschiede in den Vordergrund stellen. Denn auch wenn ich ein recht gutbürgerliches Leben lebe (vor allem für Berliner Verhältnisse), das ich mir in den letzten 9 Jahren aufgebaut habe und das ich liebe, heißt das nicht, dass nicht auch mein Leben seine Schattenseiten hat(te). Ich habe in meinen 27 Jahren schon relativ viel miterleben müssen und auch das Thema Depressionen ist mir absolut nicht fremd. Ich selbst hatte bisher glücklicherweise nur depressive Verstimmungen, kenne jedoch mehrere Menschen, bei denen eine Depression diagnostiziert wurde.
Als ich zum ersten Mal von der Welle um den Hashtag #notjustsad gelesen habe, freute ich mich zunächst unheimlich. Denn von “meinen Depressiven” weiß ich, wie wenig man vor einigen Jahren und teilweise noch heute ernstgenommen wird, wenn man zugibt, dass man Depressionen hat. Wenn man sich überhaupt traut das zuzugeben. Wenn man überhaupt die Kraft hat darüber zu reden. Denn wenn ich selbst eine depressive Verstimmung habe, ist diese schon so lähmend, dass ich mir ansatzweise vorstellen kann, wie lähmend eine Depression sein muss. Wie scheißegal einem alles ist. Wie wenig man fühlt oder wie schlecht man sich fühlt.
Ich konnte mir jedoch auch vorstellen, wie schwierig es ist, plötzlich mitten im Rampenlicht zu stehen. Wie muss es wohl sein, wenn plötzlich alle die intimsten Details aus deinem Seelenleben wissen wollen? Wenn sie dich dafür gleichzeitig feiern und angreifen? Wenn du doch eh schon seelisch instabil bist und DAS innerhalb kürzester Zeit verarbeiten musst? Puh. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen könnte. Umso mehr freute ich mich, als Jana bekannt gab, dass sie die unglaubliche Chance bekommen hatte, ein Buch zu schreiben. Das Buch, das jetzt neben mir liegt und das ich innerhalb weniger Tage verschlungen habe.
Minusgefühle ist ein ehrlicher, ungeschönter und unverblümter Einblick in die Geschichte von Janas Depression. In das Leben einer Depressiven. Wobei ich es absurd finde, Jana und Janas Leben als Vorzeigebeispiel für Depressionen zu nehmen. Sind psychische Krankheiten nicht viel zu Komplex, um die Erkrankten direkt miteinander zu vergleichen? Reicht es nicht einfach, wenn wir Minusgefühle wertfrei lesen und das für uns herausnehmen, was uns hilft? Mir hat es zum Beispiel geholfen, die Erkrankung noch besser zu verstehen und noch mehr Empathie für die depressiven Menschen in meinem Umfeld zu entwickeln. Naja, und dann ist Minusgefühle auch ziemlich unterhaltend und hat mir einen guten Einblick in eine andere Art zu leben gegeben.
Jana (denn ich bin sicher, dass du das hier lesen wirst), in meinen Augen bist du eine unheimlich starke Frau. Danke, dass du uns diesen Einblick gewährt hast. Danke, dass du Minusgefühle geschrieben hast.
Zitiere einen Satz oder eine Passage aus dem Buch! “Nur weil ich alles habe, was ich brauche, muss es mir nicht gut gehen.”