Sündenbock Primark

Sündenbock PrimarkSeit zwei Tagen geht ein neuer Aufschrei durch die Modewelt. Diesmal wieder im Fokus: Primark. Eine Kundin fand ein eingenähtes Schild auf dem „Forced to work exhausting hours“ geschrieben stand. Ein heimlicher Hilferuf einer ausgebeuteten Näherin oder vielleicht sogar Schikane der Konkurrenz? Man weiß es nicht. Fest steht aber, dass jetzt wieder alle mit dem Finger auf Primark zeigen. Dass es bei den meisten anderen Ketten nicht besser zugeht, wird da ganz schnell vergessen. Die alte Sündenbock-Theorie schlägt zu. Es ist immer wieder das gleiche Spiel und ändern tut sich doch nichts.

Doch wo soll man denn überhaupt anfangen? Denn wenn wir mal ehrlich sind: Es beginnt doch schon bei den Stoffen. Selbst wenn wir uns jede Unterhose selbst nähen würden und damit Näherinnen vor der Ausbeutung bewahren, müssten wir peinlichst darauf achten, nur fair produzierte und ökologisch einwandfreie Stoffe zu kaufen. Dann brauchen wir auch noch Schuhe. Leder geht nicht, wegen der Tiere und so. Doch Kunstleder wird mit fiesen Chemikalien produziert und die zerstören die Umwelt. Da haben die Tiere dann auch nichts von. Das ist wie mit dem Soja, für dessen Anbau Regenwälder abgeholzt werden.

Wenn ich an all das denke, bekomme ich Kopfschmerzen und das Bedürfnis, am besten gar nichts mehr zu kaufen und auch nichts mehr zu essen. Das ist aber natürlich Blödsinn. Als ich beschlossen habe, in Zukunft vorrangig Second Hand zu kaufen, dachte ich mir: “Dann musst du aber auch Fair-Trade-Second-Hand kaufen.” Wenn schon denn schon, oder?

Auf diesem Blog geht es um Lifestyle für den kleinen Geldbeutel. Ich zeige euch hier regelmäßig Kleidung von Bekleidungsketten und Online Shops, die garantiert auch nicht alles fair produzieren. Doch das tun die meisten teuren Labels auch nicht. Die verdienen nur noch mehr an der Ausbeutung.

Und was tun wir nun dagegen? Habt ihr einen Vorschlag? Ich bin mit meinem Latein am Ende. Am besten wir laufen alle nackt herum. Und gehe ich nächste Woche zur Primark Eröffnung am Alexanderplatz, um dann der Buhmann zu sein, weil ich Primark auch noch unterstütze? Vielleicht. Eventuell bewirft mich dann ein Protestant mit Steinen und dann muss ich mir um das alles hier keinen Kopf mehr machen.

Kommentare

  • ina

    Ich stimme dir da voll und ganz zu! Ich habe mir über das Thema auch schon öfter den Kopf zerbrochen, aber es gibt einfach keine finale Antwort auf die Frage “Was tun?”. Am Anfang wollte ich dann auf teurere Kleidungsketten/Marken umsteigen, aber schon in der nächsten Sekunde, nachdem ich den Gedanken gefasst habe, war mir auch direkt klar, wie unsinnig das ist. Die großen Marken machen es doch genaues wie die günstigen Modeketten und, wie du bereits in deinem Post erwähnt hast, verdienen einfach nur mehr daran.
    Es ist ein Teufelskreis, aus dem man wirklich nicht herauskommt. – Mit Ausnahme, die ganze Welt würde von nun an nackt herumlaufen und alles selber anbauen. Aber sein wir doch ehrlich, das ist ein Ding der Unmöglichkeit.

    Liebst, ina

    Visit me at Petite Saigon

  • mia

    Liebe Patricia, ich kann dich voll und ganz verstehen, auch wenn die Klamotten teurer sind, sind sie nicht unbedingt nachhaltiger oder fairer etc. Ich versuche mich aber zumindest von den billigsten der billigsten fernzuhalten, denn meine Devise lautet jetzt Klasse statt Masse. Ich kaufe mir lieber ein Teil weniger und achte darauf, dass das Gekaufte lange hält. Hin und wieder kommen dann Fair Fashion & vegane Teile in meinen Schrank, aber alles sofort auf Green Fashion umzustellen fällt mir noch sehr schwer, hauptsächlich aufgrund des kleinen Angebots und der teuren Preise. Aber ein Bewusstsein für übermäßigen Konsum herzustellen ist der erste Schritt, meiner Meinung nach.

  • Yvonne

    Ich habe für mich selbst auch beschlossen wieder viel mehr Secondhand zu kaufen und mehr Bewusstsein für den Konsum zu entwickeln… z.B. habe ich jetzt wieder mit Kleiderkreisel angefangen (aber ohweeh. Meine Nerven…) Letztendlich kann jetzt nicht nur Primark der Sündenbock sein. Da gehören alle billig produzierende Marken dazu…

  • JayBee

    jetzt seien wir mal ehrlich große marken wie nike, zara und co lassen nicht anders als primark produzieren. die schuhe die wir hier tragen haben nicht mal 2,50 in der produktion gekostet und wir kaufen sie für mehr als 100. wo ist denn da die fairness? die fußbälle die jetzt in brasilien gekickt werden wurden für 50 cent hergestellt und alle jubeln trotzdem bei der wm. primark verkauft die sachen ebenso günstig wie sie die herstellen lassen.

    die einzige möglichkeit sowas abzuschaffen wäre wenn wir alle unmengen verdienen würden um uns sachen zu kaufen die im nebenladen von selbst genäht wurden. wo aber dann gerne mal ein tshirt 50 eus kostet. soviel geld hat keiner.
    letztens wurde mri gesagt, es sei gar nicht so schlimm wie wir immer denken da es in asien wohl schon viel geld ist wenn man da am tag 5 eus oder so verdient. da herrschen andere bedingungen als hier. ob man das glauben kann, weiß ich allerdings nicht.

  • CarolineHoell

    Hallo zusammen,
    bin da voll dabei!
    Ein Gedanke fehlt hier jedoch noch. Konsum bedeutet auch wieder Arbeitsplätze (wenn auch keine fairen). Konsumverzicht ist also auch nicht unbedingt die Lösung. Es müsste viel mehr so sein, dass man als Konsument Mäuschen spielt (Videos, Fotos, etc.) und genau sieht wie das Produkt produziert wird. Dann kann jeder selbst entscheiden wie er dazu steht.
    Aber mal ehrlich: Das wird nie passieren.
    Primark kaufe ich zwar nicht, aber ich bin mir sicher, dass das meiste Zeug, egal ob günstig oder teuer, unter nicht immer guten Bedingungen produziert wurde. Traurig aber wahr!
    LG Caro

  • yoyo

    äh… genau aus diesem Grund sind ja Menschen auf die Idee gekommen, Kleidung “fair” herstellen zu lassen (egal ob nun Armed Angels, Mars, Hess, Vivanda usw. usf.).

    klar, auch da mag manchmal nicht alles 100% sein: so heißt es bei manchen, daß lediglich ein Teil der “Kette” wirklich “fair” ist. aber salopp gesagt wäre z.b. eine Verbesserung um 50% eben auch immerhin genau das – eine Verbesserung um die Hälfte.

    (das heißt nicht, daß es nicht aus verschiedenen Gründen nachvollziehbar sein kann, daß Menschen regelrecht darauf angewiesen sind, “billig” zu kaufen – wer Hartz IV bezieht, hat nunmal selbst wenn er die Schuhe trägt, bis sie hinüber sind trotzdem nicht unbedingt das Geld für “vernünftige” Kleidung. aber allein wenn man, wie mia das bereits angeregt hat, einfach zwischendurch bewußt auf Kleidung kauft, die etwas “unbedenklicher” sind, bringt das bereits etwas)

  • Clara

    Kann ich Dir nur voll und ganz zustimmen! Ich sehe es genau so, dass Primark jetzt wieder als Sündenbock dargestellt wird. Ja, ich weiß, dass es nicht in Ordnung dass die Arbeitskonditionen da nicht okay sind, aber hey WO denn bitte schon? Das soll mir bitte mal jemand sagen. Finde gut, dass du zum Alex zur Eröffnung gehst. Hatte ich mir auch schon überlegt. Ich hoffe mal dass dich kein Stein treffen wird, dann doch lieber eine Tomate 😀
    Irgendetwas weiches 😛
    Naja, ich lass dir liebe Grüße da <3 Schön, dass es mal jemand ausgesprochen hat!

    Clara

  • Kristina

    Du hast so recht, ich kann jedes Wort unterschreiben! Letztens wurde ich bei einem Oberteil gefragt, wo ich es her hätte, ich sagte Primark und wurde komisch angeschaut. “Damit unterstützt du Kinderarbeit!”, so hieß es. Ja, das stimmt schon. Aber das gilt ja nicht nur für Primark, sondern für nahezu alle Marken, die so jeder zweite von uns trägt. Leider muss ich sagen, dass ich es mir als Studentin auch einfach nicht leisten kann, etwas wirklich fair Hergestelltes zu kaufen – wer soll das denn auch bezahlen? Also kaufe ich auch gern bei Kleiderkreisel Second Hand, selbst wenn es dann etwas von Primark ist! 🙂

  • Ariane

    Es gibt ja auch noch Zwischenstufen zwischen “nackt rumlaufen” und jeden Monat fette Einkaufstüten nach Hause zu tragen, zum Glück… Bewusst nur das zu kaufen, was man braucht, was lange hält und was man zB. zu möglichst vielem kombinieren kann, schont den Geldbeutel, die Umwelt und die Menschen, die das Ganze produzieren. Es muss nicht das zehnte Paar Sandalen oder die fünfte blaue Jeans sein.

  • AZI ZA

    Sehr toller Post! Was ist an Primark schlimmer als an allen anderen großen Ketten?Und nicht nur die Großen… Ich komme aus der Textilproduktion. Und glaub mir, wären alle in Bangladesh plötzlich arbeitslos, weil wir alle boykottieren, wäre das ein teils größeres Übel. Sich bewusst sein und die Wage halten ist immer gut!
    LG Aziza
    https://berlin-capital-life.blogspot.de/

  • Fly

    Bin grad durch Jenny auf dich aufmerksam geworden, dass ist einfach ein mega guter Post. Weil ja, woher soll man wissen was zu tun ist?

    Alles Liebe
    Fly

  • Kati

    Oh, mit so einer Einstellung macht man es sich aber schon sehr einfach.
    “Alle anderen machen es auch so, ich kann eh nichts ändern” – Super, den bequemen und unreflektierten Weg gewählt.
    Es gibt durchaus nachhaltige Alternativen – siehe einige Kommentare über mir. Klar sind die teurer als H&M und Co, aber da muss eben jeder für sich selbst entscheiden, ob er das Modell “Fast Fashion” leben will, das Ressourcen und Mensch kaputt macht, oder eben nicht.
    Wer sich näher informieren möchte:
    https://www.minimalistenfreun.de/2014/04/fast-fashion-was-heisst-das-eigentlich/

    Ich will hier nicht den Moralapostel spielen, aber ich finds schade, dass viele so denken. Gerade die Blogger, die ja oft wirklich en masse kaufen.

  • Ivory

    Da muss ich Kati über mir recht geben. Das wir von nun an alles akzeptieren, nur weil es so ist, wie es ist, sollte auch nicht die Lösung sein.
    Irgendwo muss man einen Anfang finden.

  • Pingback: Cheap & Fair – Faire Kleidung muss nicht teuer sein

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